Totentanz (Ralf Klotz, komp. 2012)

Strube Verlag 6711

 

Dauer: 33 Minuten
Besetzung:

  • Chor SATB
  • Sopran
  • Sprecher
  • Tamburin
  • Orgel
  • (1-5 Flöten oder andere Holzblasinstrumente und Gitarre ad libitum)

Schwierigkeit: mittel

Der "Totentanz"

 

ist eine Vertonung von Psalm 90 und Sprüchen des Füssener Totentanzes für vierstimmigen Chor, Solosopran, Sprecher und wenigen Instrumenten. Eröffnet wird mit dem Lied „Es ist ein Schnitter, heißt der Tod“, komponiert als Strophenvariation; einzelne Strophen werden auch gelesen. Das zweite Stück ist das Lied „Der grimmig Tod mit seinem Pfeil“ bei dem sich eine klagende Seele (Solosopran) über einem Quintkanon erhebt, ein Manifest, dass der Todgeweihte dem „Tod“ folgen muss. Herzstück des Werkes ist der dritte Teil mit der Vertonung des Psalms 90. Er ist in meditativer Stimmung gehalten. Psalmodierende Abschnitte wechseln mit figurierten, rhythmisch-tänzerischen Abschnitten ab.

 

Zum Hintergrund. Bei einem Besuch der St.-Anna-Kapelle in Füssen/Bayern im Frühjahr des Jahres 2012 beeindruckte mich der sich dort befindliche „Füssener Totentanz“ des Malers Jakob Hiebeler aus dem Jahre 1602. Es handelt sich um eine der ältesten und best erhaltenen Totentanz-Darstellungen im süddeutschen Raum.

 

Es entstand die Idee, diese mit Reimversen versehenen Holzgemälde, bei denen der als Gerippe personifizierte Tod Menschen eines jeden Standes zu seiner Zeit zum Todestanz und Sterben führt, kompositorisch zu fassen, ähnlich wie dies Hugo Distler mit seiner „Totentanz“-Komposition von 1934 zur Totentanzmalerei in der Lübecker Marienkirche getan hat.

 

Der volkstümlichen Totentanztradition (Basler Totentanz, Hans Holbeins Holzschnitte usw.) des „Füssener Totentanzes“ wollte ich die Kraft des 90. Psalms mit seiner Kernaussage „Herr, lehre uns bedenken, dass wir sterben müssen, auf dass wir klug werden“ gegenüberstellen. Der Psalm liefert inhaltlich viele Bezüge zu verschiedenen in Jakob Hiebelers Totentanz abgebildeten Personen. Von den insgesamt 20 gemalten Personen Hiebelers habe ich 10 Bilder ausgewählt, die - meist paarweise - in den komponierten Psalm 90 als Lesung der Hieblerschen originalen Reimverse interpoliert wurden. Dabei konnte Hiebelers absteigende Standes-Rangfolge von Papst und König bis hin zum Bauer weitgehend erhalten werden.

Die Bilderverse sind nicht vertont, sondern werden gelesen. Dabei ist es bei Aufführungen wünschenswert, die Hiebelerschen Bilder (Stadtarchiv Füssen) auf eine Leinwand zu projizieren. Der jeweiligen Textlesung der Einzelpersonen vorangestellt ist in der vorliegenden Komposition ritornellartig immer ein musikalischer Reigen mit dem Text „Sagt ja, sagt nein – getanzt muss sein“. Dieser Spruch befindet sich als Überschrift über dem gesamten Hiebelerschen „Füssener Totentanz“ und gibt das unerbittliche Motto des personifizierten Todes wieder: Ob ihr wollt oder nicht, ihr müsst einmal sterben! Der Psalm 90 reflektiert eben dieses memento mori.

 

Aus etwa der Zeit des Gemäldes, also kurz vor bzw. während des 30-jährigen Krieges, stammen auch die Lieder „Es ist ein Schnitter, heißt der Tod“ (Regensburg, 1637) sowie „Der grimmig Tod mit seinem Pfeil“ (Paderborn, 1617), welche die Totentanzthematik in Liedform aufgreifen und hier mit dem Totentanz zusammen in eine Trilogie treten. Beide Lieder beschreiben die Figur des „Todes“ als Bogenschütze, der den Todes-„Reigen anführt“, bzw. Sensenmann: „wie der Menschenschnitter, der Tod, die Blumen ohne Underschid abmeht". Das Schnitterlied nimmt dabei mit seiner kraftvollen, bildhaften Sprache mit „Kaiserkronen, Rittersporn, Majoran“ usw. unverblümt Bezug auf die Stände der Zeit. Beide Lieder enden mit der versöhnlichen Botschaft „Trutz Tod, ich fürcht dich nit..., so werd ich versetzet in himmlischen Garten, freu Dich, schön´s Blümelein“ bzw. „Der dieses Liedlein hat gemacht, liegt jetzt im Hohl, es tut ihm wohl“. Der III. Teil „Totentanz –Memento mori“ endet mit einer beschwingten Schlussfuge, die motivisch Bezug auf die Psalmkomposition nimmt.

 

Der Einsatz von Instrumenten ist, abgesehen vom Ritornell (Holzblasinstrument mit Gitarre oder weiteren Blockflöten), sehr frei handhabbar.    

Ralf Klotz